Ein Tag, der Jerusalem in die Seele schreibt
- christophmatthes86
- 17. Nov.
- 10 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Nov.
Der zweite Tag begann früh, aber nicht schwer. Der Blick aus dem Fenster zeigte eine Stadt, die selbst im Morgenlicht wirkt, als sei sie gleichzeitig Jahrtausende alt und doch gerade erst erwacht. Beim Frühstück war die Stimmung leise, fast erwartungsvoll – als hätte jeder geahnt, dass dieser Tag etwas mit uns machen würde.
Die erste Station war das Tower of David Museum.
Ein Ort, der eigentlich ein ganzes Buch ist: Steine, die römische, byzantinische, osmanische Fingerabdrücke tragen; Mauern, die Belagerungen, Gebete und Revolutionen gleichermaßen überstanden haben.
Während wir durch die Zitadelle liefen, erzählte unsere Guide davon, wie oft Jerusalem zerstört, geplündert, wieder aufgebaut wurde.
Und plötzlich begriff ich: Diese Stadt lebt nicht trotz ihrer Geschichte – sondern durch sie.
Jeder Stein hier erzählt eine andere Wahrheit. Und alle sind gleichzeitig wahr.
Danach ging es weiter ins Shalva National Center, eine Welt, die man nicht begreift, wenn man sie nur von außen sieht.
Shalva ist kein „Hilfszentrum“, wie man es aus Deutschland kennt.
Shalva ist ein Universum.
Es ist laut, bunt, lebendig – voll von Kindern, die rennen, lachen, spielen, sich ausprobieren. Voll von Erwachsenen, die ihnen alles ermöglichen, was Teilhabe wirklich bedeutet.
Hier wird Inklusion nicht erklärt.
Hier wird sie gelebt.
Im Imagevideo erzählte eine Mutter, dass Shalva ihr nicht „Entlastung“ gibt – sondern Zukunft. Das saß.
Beim Mittagessen am pontifikalen Notre Dame Centers Jerusalem lag die Altstadt wie ein Gemälde vor uns. Man kann auf dieses Stadtbild schauen, ohne zu verstehen, dass dort unten Welten ineinander verschachtelt leben: Kirchenkuppeln, Minarette, die goldene Kuppel des Felsendoms. Ein friedliches Bild – das dennoch ständig unter Spannung steht.
Und genau hier, in dieser einen Stadt, spürt man eine Wahrheit, die man in keinem Buch wirklich greifen kann: Alle drei Religionen, die diese Stadt durchweben, rufen denselben Gott an. Nicht ähnliche. Nicht verwandte. Denselben.
Die Christen nennen ihn Vater. Die Juden nennen ihn HaSchem. Die Muslime nennen ihn Allah. Aber es ist derselbe Ursprung, dieselbe Wurzel – dieselbe Sehnsucht nach etwas, das größer ist als der eigene Atem.
Und doch trennt sie die Geschichte wie ein zu oft gewaschenes Seil, das irgendwann in Fasern zerfällt. Man merkt, wie schmerzhaft nah alles beieinander liegt – und wie groß die Missverständnisse wurden, die sich über Jahrhunderte zu Mauern verhärtet haben.
Jesus, der als Jude geboren wurde, als Jude lebte, als Jude starb – kam nach prophetischer Überlieferung genau so, wie es angekündigt war: über den Ölberg. Doch seine Worte „Ich bin es“ wurden nicht als Offenbarung, sondern als Gotteslästerung gehört. Und so nagelten ausgerechnet jene Menschen, die seit Jahrhunderten auf ihren Messias warteten, denjenigen ans Kreuz, den andere später als Messias erkennen würden. Ein historischer Schmerz, der nicht rückgängig zu machen ist – und vielleicht gerade deshalb bis heute unausgesprochen zwischen den Zeilen liegt.
Auch im Islam gibt es eine ähnliche Verwerfung: Muslime verehren Jesus (ʿĪsā) als großen Propheten, geboren von einer Jungfrau, Wundertäter, Verkünder Gottes. Aber gerade weil er so hoch geachtet wird, lehnt der Islam die Kreuzigung und die Gottessohnschaft ab – aus Ehrfurcht, nicht aus Ablehnung. Für viele Muslime war Jesus zu rein, zu heilig, zu sehr auf Gottes Seite, als dass man glauben könnte, Gott hätte ihn sterben lassen. Auch hier also: Ehrfurcht, die zur Trennung führte. Nähe, die zum Abstand wurde. Verwandtschaft, die wie ein verlorener Familienzweig wirkt.
Und wenn man dann am Nachmittag durch die Gassen der Altstadt läuft, versteht man plötzlich: Hier beten alle zu demselben Himmel – und doch in völlig getrennten Räumen. Hier singen alle von Liebe und Frieden – und doch in unterschiedlichen Sprachen. Hier glauben alle an Abraham – und begegnen sich doch mit Jahrtausenden an unverheilten Wunden.
Am Nachmittag liefen wir durch die Gassen der Altstadt. Der Duft von Gewürzen, Gebäck, Weihrauch. Kinder, die durch enge Gassen flitzten. Männer, die Waren tragen, Frauen, die beten. Christen, Juden, Muslime – manchmal getrennt, manchmal nebeneinander. Es war ein überwältigendes Mosaik, das man nicht erklären, nur erleben kann. Yad Vashem – ein Ort, an dem die Worte sterben
Und dann kam Yad Vashem. Der Ort, an dem die Zeit nicht vergeht.
Der Ort, an dem die Welt stehenbleibt.
Ich weiß bis heute nicht, wie man über Yad Vashem (wörtlich übersetzt „ein Denkmal und ein Name“ und stammt aus dem biblischen Buch Jesaja) schreibt, ohne ihm nicht gerecht zu werden. Vielleicht geht es gar nicht.
Man sieht schon beim Ankommen: Dieses Gebäude soll stören. Wie ein Riss in der Stadtarchitektur. Wie ein Riss in der Weltgeschichte.
Man betritt den Garten der Gerechten. Zwischen den Bäumen steht der Name Oskar Schindler — und plötzlich wird die Zahl 1.200 zu Gesichtern. Heute sind es über 5.000 Nachfahren. Ein einziger Mensch kann die Welt verändern. Tatsächlich.
Ich erinnere mich an die Geschichte von Angela Orosz-Richt, geboren in Auschwitz.
Ein Kind, das nicht hätte leben sollen.
Ein Kind, das trotzdem lebt.
Weil eine Mutter sich weigerte, das Leben aufzugeben.
Auch die Geschichte vom Todesmarsch bewegt mich vermutlich noch ewig.
Ein erwachsener Mann war mit seinem Vater auf dem Todesmarsch und verlor einen Schuh — im Schnee. Er wollte vor Schmerzen aufgeben und sich erschießen lassen. Aber sein Vater neben ihm kämpfte mich sich und deswegen gab der Mann nicht auf, damit sein Vater ihn nicht sterben sehen muss.
Doch was mich am meisten traf, begann im Inneren.
Yad Vashem ist wie ein dreieckiger Tunnel, der sich nach hinten verengt. Je weiter man hineingeht, desto enger wird es. Desto schwerer die Luft. Desto kleiner der eigene Schritt. Man verliert die Orientierung, weil die Ausstellung in einem Zickzack verläuft – ein bewusst gebauter Irrgarten aus Erinnerung und Enge. Oben ein schmaler Lichtspalt. Das Licht kommt herein. Aber man spürt, wie wenig davon unten ankommt.
Und dann sieht man die Bilder. Zeichnungen von Kindern. Karikaturen, die Juden als Parasiten darstellen. Brettspiele, die Kinder anleiten, Juden aus Geschäften zu „verjagen“. Propaganda, die Gift tröpfchenweise über Jahre, über Jahrzehnte in eine Gesellschaft sickern ließ.
Und plötzlich versteht man: Der Holocaust begann nicht mit Lagern. Er begann mit einem Lächeln, einem Witz, einer Karikatur. Mit einem „man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Mit dem Entmenschlichen im Kleinen.
Ich erinnere mich an ein Foto: Deutsche Soldaten, die einem Rabbiner die Schläfenlocken und den Bart abschneiden. Lachend. Posierend. Als wäre es ein harmloser Spaß unter Kumpeln.
Daran war nichts befohlen. Das war gesellschaftsfähig gewordener Antisemitismus. Ganz normale Männer, mit Familien, mit Kindern, mit Lächeln auf alten Hochzeitsfotos — und gleichzeitig Täter, weil die Gesellschaft es erlaubte. Weil sie es Jahre, von Kindesbeinen an, zuvor in Brettspielen belohnt wurde.
Und ich stand davor und fragte mich: Habe ich in meinem Leben schon jemanden „die Locken abgeschnitten“ — nicht mit Scheren, sondern mit Worten? Mit einem abfälligen Satz. Mit einem unbedachten Lachen. Mit einem Mitmachen im falschen Moment.
Diese Frage traf mich tiefer als jedes Bild.
Die Führerin erklärte, dass „Shoah“ nicht nur Zerstörung bedeutet, sondern auch Nebel. Und plötzlich ergab alles Sinn. Man wusste nie genau, wo man in diesem Nebel stand. Man hoffte, es könne nicht schlimmer werden. Aber es wurde schlimmer. Immer. Jahr für Jahr. Stufe für Stufe.
Und ich dachte unweigerlich an heute. An unsere Zeit. An unseren Nebel.
Wir wissen sehr genau, wo wir stehen. Wir sehen, wie salonfähig manche Ausgrenzungen wieder werden. Wie normalisiert das Bloßstellen von Andersdenkenden ist. Wie schnell der Spott über „die da“ geht. Wie schnell ein Satz zu einer Schere wird, ein Lachen zu einem Mitmachen, eine Parole zu einem Schritt in die falsche Richtung.
Und dann kam der letzte Raum.
Ein kreisrunder Ort, stiller als jeder Kirchenraum, schwerer als jedes Denkmal, das ich je betreten habe.
Oben wölbt sich eine riesige Kuppel aus Bildern — 600 Porträts, jedes einzelne stellvertretend für 10.000 ermordete Jüdinnen und Juden. Ein winziger Ausschnitt, eine mathematische Unmöglichkeit für menschliche Vorstellungskraft. Doch die Gesichter wirken nicht wie Repräsentanten. Sie wirken wie Menschen, die einen ansehen.
Ein Mädchen mit Schleife im Haar.
Ein Mann mit Brille, der an einen Professor erinnert.
Ein Paar, das für ein Hochzeitsfoto posiert.
Kinder, so viele Kinder.
Sie blicken von oben herab — nicht anklagend, eher fragend.
Darunter, in der Mitte des Raumes, befindet sich ein dunkler, runder, tiefer Abgrund, dessen Wasserfläche die Bilder widerspiegelt.
Wenn man sich über das Geländer lehnt, sieht man zwei Dinge:
Die Toten.
Und sich selbst.
Diese Gleichzeitigkeit ist kaum auszuhalten, weil sie eine einzige Frage stellt:
Was tust du heute, damit es nie wieder geschieht?
Rings um diesen Abgrund stehen hohe Regale — vom Boden bis zur Decke gefüllt mit Aktenordnern.
In ihnen: Geschichten. Namen. Fotos. Lebenswege.
Die Biografien der ermordeten Juden Europas.
Aber:
Nur fünf Sechstel dieser Regale sind gefüllt.
Mehr als eine Million Menschen — Kinder, Eltern, Großeltern — bleiben bis heute ohne Foto, ohne Namen, ohne dokumentiertes Leben.
Nicht, weil man sie vergessen hätte.
Sondern weil die Welt ihnen alles genommen hat — sogar die Spur ihrer Existenz.
Und genau hier beginnt der Auftrag von Yad Vashem:
Diese Lücke zu schließen.
Die verschluckten Stimmen zurückzuholen.
Gesichter zu finden, wo bisher nur Schatten stehen.
Geschichten neu zu weben, wo alles zerstört wurde.
Dieser Raum ist kein Mahnmal.
Er ist ein Versprechen, ein Schwur:
Solange ein Name fehlt, ist die Erinnerung nicht vollständig.
Solange ein Gesicht unbekannt bleibt, ist die Menschheit unvollständig.
Und in diesem Moment verstand ich, warum dieses Denkmal „Yad Vashem“ heißt – ein Denkmal und ein Name.
Erst wenn die Namen zurückkehren, kehren die Menschen zurück.
Als ich mich wieder vom Geländer löste, bemerkte ich, dass mir Tränen übers Gesicht liefen.
Nicht wegen der Bilder allein.
Sondern wegen des Gefühls, dass ich im Spiegel dieses Abgrunds einen winzigen Teil der Verantwortung gesehen habe, die auch unsere Generation trägt.
Nicht Schuld.
Verantwortung.
Ganz schlicht, ganz brutal, ganz wahr.
Und als wir Yad Vashem verließen, war die Sonne über Jerusalem bereits untergegangen. Die Stadt lag vor uns wie ein zarter Hoffnungsschimmer — als wollte sie sagen: Das Licht kommt. Aber nur, wenn wir es tragen.
Anschließend ging es für uns auf den Machane Yehuda Market. Und war als perfektes Kontrastprogramm — das Leben im Dunkeln. Ein Ort, der pulsiert, riecht, ruft, lacht. Hunderte Menschen, Händler, Musik, Farben, Stimmen – die Stadt atmete hier lauter. Wir aßen zusammen, hörten Straßenmusik, sahen Soldatinnen, Familien, Touristinnen. Ein Stück Tel Aviv mitten in Jerusalem, mitten im Chaos, mitten im Leben.
Und dann – als der Tag längst zu Ende war, die Geräusche des Marktes verklungen und die Gruppe in ihre Hotelzimmer zurückgekehrt war – begann für mich etwas, das ich nicht geplant hatte.
Etwas, das mich unerwartet traf wie ein Ruf:
Geh. Jetzt. In dieser Nacht. Geh diesen Weg.
Ich stand auf dem Berg Zion, genau dort, wo das Abendmahl stattgefunden haben soll. Der Raum, die Mauern, die Luft – alles trug Spuren von Geschichten, die größer sind als jedes menschliche Leben. Hier saß Jesus mit seinen Jüngern. Hier brach er das Brot, hier sprach er Worte, die die Welt veränderten: „Das ist mein Leib… Das ist mein Blut…“ Und hier wusste er bereits, was kommt.
Mit diesem Gedanken ging ich weiter – nicht als Tourist, sondern als jemand, der nachspürt, was dieser Weg bedeutet haben könnte.
Vom Berg Zion führt der Weg hinab in das Tal, zum Garten Gethsemane. Ein Ort, der im Dunkeln kaum ein Ort ist – eher eine Stille, die körperlich wird. Zwischen den uralten Olivenbäumen (einige von ihnen sind tausend Jahre alt und stammen wohl aus dem Wurzelwerk jener Zeit) verstand ich plötzlich auf erschreckend klare Weise den Satz, den Jesus dort sprach:
„Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“(Matthäus 26,39)
Und auch diesen hier:
„Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“(Matthäus 26,40)
In Deutschland liest man diese Worte – hier erlebt man sie. Denn ich ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was dieser Weg wirklich bedeutet.
Vom Garten führt der Pfad weiter hinauf auf den Ölberg. Und wer diesen Weg jemals gegangen ist – bei Nacht, fast allein, mit nur wenigen Lichtern im Tal – der begreift sofort:
Das ist kein Spaziergang. Das ist eine Art körperliches Gebet.
Der Anstieg ist steil, stellenweise fast kletterartig, lose Steine, schmale Pfade. Schon ohne Fasten, ohne Müdigkeit, ohne die seelische Last Jesu ist dieser Weg anstrengend. Und plötzlich verstand ich: Jesus war keine zehn Minuten weg, wie man es sich manchmal bildlich vorstellt. Er war vermutlich eine ganze Stunde unterwegs, vielleicht mehr – hinauf, allein, im Ringen mit Gott. Und die Jünger? Völlig erschöpft vom Tag – wie auch ich, voll Wein und Fladenbrot, satt und schwer vom Abend – sie konnten nicht wach bleiben. Nicht weil sie gleichgültig waren. Sondern weil der Körper irgendwann einfach nicht mehr kann.
Auf dem Weg nach oben wurde ich immer wieder von einer Mischung aus Faszination und Angst begleitet. Es war dunkel, der Himmel klar, die Grabstätten rechts und links in die Hänge geschmiegt. Hier liegen jene begraben, die – nach jüdischem Glauben – als Erste den Messias sehen werden, wenn er über den Ölberg kommt. Ich wusste das vorher nicht. Aber plötzlich machte alles Sinn: die Lage, die Ausrichtung, die Ehrfurcht, die dieser Berg ausstrahlt.
Der Ölberg ist nicht einfach nur ein Berg. Er ist ein Erwartungsort. Ein Schwellenort. Ein Ort zwischen Himmel und Erde.
Und in dieser Nacht hatte er etwas Magisches.
Nur die Hunde irritierten mich.
Irgendwo bellte es.
Erst vereinzelt, dann im Echo des Tals.
Ich sah keinen einzigen Hund – aber sie hörten sich an, als würden sie aus dem Boden, den Mauern, den Schatten kommen.
Ein paar Mal beschleunigte ich meinen Schritt. Ganz kurz dachte ich wirklich: Wenn die jetzt angreifen, sieht mich hier niemand.
Vielleicht war es nur das Echo. Vielleicht der Wind. Vielleicht auch die Stadt, die nachts ihre eigenen Stimmen hat.
Oben angekommen, öffnete sich der Blick auf Jerusalem.
Golden. Atemlos. Heilig.
Ein Anblick, der nicht „schön“ ist – sondern überwältigend.
Und von dort führte mein Weg weiter zum Tempelberg. Dort, wo Jesus verhört wurde. Dort, wo Religionsgeschichte ganze Epochen geprägt hat.
Und schließlich ging ich durch die Via Dolorosa – den Kreuzweg, den man tagsüber kaum erträgt, weil er voller Menschen, Händler, Gruppen, Lärm ist. Aber nachts…Nachts ist er ein Gebet. Ein Echo. Ein Flüstern. Ein Schmerz, der sich in Stufen, Gassen, Bögen eingräbt.
Die Straßen waren leer.
Ich war allein.
Und genau in dieser Einsamkeit spürte ich etwas, das man nicht planen kann: eine tiefe Verbundenheit mit diesem Weg, mit der Geschichte, mit dem Glauben, mit dieser Stadt.
Als ich schließlich die Grabeskirche erreichte – dunkel, geschlossen, monumental – hatte ich das Gefühl, eine Art unsichtbares Kapitel abgeschlossen zu haben.
Dieser nächtliche Weg war kein Programmpunkt. Er war kein Extra. Er war mein persönlicher Gründonnerstag. Er war ein Verstehen, das nicht über Worte kommt, sondern über Schritte. Über Steine. Über Müdigkeit. Und über die Erkenntnis, dass Spiritualität nicht im Kopf entsteht – sondern im Körper.
Ich ging als Besucher los. Ich kam als Pilger zurück.
Als ich schließlich wieder im Hotel ankam, war ich erschöpft – aber nicht müde. Dieser Tag hatte meine Gedanken aufgewühlt, meine Perspektiven verschoben, meinen inneren Kompass neu geeicht.
Es war ein Tag, der sich nicht wie ein Programmpunkt anfühlte, sondern wie eine Prüfung:
Wie viel Wahrheit hältst du aus? Wie viel Geschichte bist du bereit zu tragen? Und wie viel Menschlichkeit bist du bereit zuzulassen?
Jerusalem hatte seine Antwort. Meine suchte ich noch.
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